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Mit der Zeit wächst die ZAD

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  • Drei Monate, es waren drei Monate, hast du das gehört? Drei Monate! Diese Worte werden an diesem Sonntagmorgen, dem 17. Januar, geflüstert. Füsse im Schnee, lächeln, sich gegenseitig zum Geburtstag gratulieren, sich umarmen, sich an die Anfänge erinnern.


    Wir lachen darüber, wie wir früher gelebt haben. Wir erinnern uns an die ersten Nächte in der Kälte. Ohne Couch, nur ein paar Kerzen, die Menschen in der Nacht beleuchteten die sich nicht kannten. Wir geben uns Namen, die Mensch sich nicht merken kann, wir kuscheln uns unter die wenigen Decken, ohne uns zu trauen einander zu berühren. Wir versuchen uns zu organisieren ohne etwas voneinander zu wissen. Wir bleiben vorsichtig. Wir erzählen uns sehr wenig aus unserem Leben, wir sind ein wenig ängstlich, aber wir wissen, dass uns zumindest eines verbindet: Die aktive Hoffnung auf eine andere Zukunft. Und jetzt sind drei Monate vergangen. Wir wissen nicht wirklich, wie das passiert ist. Das Leben ist intensiv und zeitlos. Wir leben im gegenwärtigen Moment in einer Welt, in der uns die Zukunft weggenommen wurde. Aber damit geben wir uns nicht zufrieden, ganz im Gegenteil. Wir bauen unsere Welt auf diesem Hügel und lernen sie zugleich kennen. Wir erkennen, wie abgekoppelt wir von den Jahreszeiten, vom Himmel, vom Lebendigen waren. Jetzt hingegen steht jeder Temperaturwechsel, jeder Wechsel von Tag zu Nacht, jedes Blatt auf dem Boden, jeder Regentropfen, jede Schneeflocke direkt mit unseren Körpern in Verbindung.

    Seit drei Monaten sind wir hier. Drei Monate haben wir gebaut: Hütten, auf dem Boden, in den Bäumen, Barrikaden, Wachtürme, eine Siebdruckwerkstatt, eine Küche, Schlafsäle, ein Liebeszimmer, Wohnräume, Wege, einen Schrank für schmutzige Teller. Drei Monate, in denen wir auch immaterielle, menschliche Bindungen, neue Organisationsformen, Lieder, Poesie entwickelt haben. Aber drei Monate, in denen wir auch versucht haben, alles zu dekonstruieren, was wir konnten. Wir haben versucht, die Formen der Machtstruktur zu hinterfragen, die in uns eingeschrieben sind und die wir hierher, auf die Spitze des Mormont-Hügels, gebracht haben. Welche Herrschaftsverhältnisse sind in diese neue Welt eingeschrieben? Wie werden wir alles los, was uns definiert? Wie stellen wir alles wieder auf die Beine, wie fangen wir von vorne an? Denn heute zweifelt niemand mehr daran, dass auf dem Mormont nicht nur ein Krieg gegen Holcim herrscht, sondern ein Krieg gegen Holcim und dessen Welt. Und diese Welt, aus der wir kommen, in die wir hineingeboren wurden, hat Holcim zerstört, so wie es weiterhin alles Lebendige zerstört. Hier auf dem Hügel haben wir also endlich einen Raum der Freiheit, einen Raum, in dem wir vorübergehend unsere Utopien leben dürfen. Aber sie bauen sich nur langsam auf, weil die Dinge tief verwurzelt sind. Wir werden unsere soziale Konstruktion nicht so leicht los, Mensch würde sogar dazu neigen zu sagen, dass es genauso leicht ist, uns sozial zu dekonstruieren, wie es ist, den Kapitalismus und das Patriarchat abzuschaffen. Nein, wir sind definitiv keine netten Camper. Wir sind auch keine Sozialhilfeempfänger, die einen Weg suchen, nicht zu arbeiten. Wir sind ehrgeizig und kompromisslos. Wir stellen alles in Frage, weil wir wissen, dass wir nichts Neues aufbauen können, wenn wir nicht zerstören, was uns von einer Gesellschaft eingeimpft wurde, die von Ungleichheit und Machtverhältnissen geplagt ist. Aber heute feiern wir unsere drei Monate und wir sind stolz darauf. Wir sind stolz auf alles, was wir erreicht haben. Stolz darauf, jeden Tag zu beweisen, dass wir anders und einfacher leben können. Und wir sind auch dankbar. Dankbar für alle, die es uns ermöglichen, jeden Tag auf diesem Berg zu bestehen. Dankbar, dass wir uns in diesem Kampf nicht allein fühlen. Dankbar, jeden Tag von Ihrem Lächeln erwärmt zu werden, Eure freundlichen Nachrichten, Eure Geschenke, seien sie süß, salzig oder holzig…

    Von der Spitze unseres Hügels, in dieser bezaubernden Winterlandschaft, wünschen wir also allen, die an diesen Kampf glauben, ein frohes dreimonatiges Jubiläum und dass der Kampf stärker weitergeht, hin zu mehr Annäherung und Vernetzung zwischen den verschiedenen Kämpfen und Träumen.

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